Szenenapplaus (LARP Vampire the Masquerade)
Webghul 25. März 2025
Mondzeit: 19.01.2025
Szenenapplaus, aus meiner Sicht geschrieben.
Es ist schon über 20 Jahre her, da trafen sich ein paar Leute regelmäßig zum Liverollenspiel „Vampire the Masquerade“.
Eigentlich ist es ein Pen and Paper Rollenspiel, aber man kann es auch wunderbar real spielen. Also so wie ein Theaterstück, nur mit sehr wenig Regieanweisung und ohne Textbuch.
Manchmal ergibt sich im Spiel eine so unglaubliche und durchaus auch unheimlich Dynamik und die Spieler tauchen so tief in das Setting und in ihre Rolle ein, dass es allen sehr real erscheint.
Und es gab diesen einen sehr besonderen Moment auch bei unserem Spiel. Es war nur ein winziger Teil des gesamten Spiels, aber er nahm auch alle anderen Mitspieler so sehr gefangen, dass sie von ihrer eigenen Darstellung abließen und sich als Zuschauer in den Bann dieser einen Szene ziehen ließen.
Ich schreibe diese eine Szene aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Rolle.
Ein nächtliches Treffen in der Domäne Argovia, der Prinz hielt Hof und Vampire und deren Ghule verschiedener Clans trafen sich, um zu tun, was man in solchen Nächten halt macht.
Ich, Blue Custer, ein kleiner unbedeutender Ghul, war eh schon immer recht frech, aber mein Meister schien sich nicht zu kümmern und ließ mich gewähren.
Ich bin halt auch real gerne lustig und mache gerne Stimmung und mir war da gerade sehr langweilig. Ein großes NoGo ist es, wenn Ghule in der Gegenwart von Vampiren essen z.B., was ich gerne und genüsslich machte, auch um Reaktionen zu provozieren, um das Spiel ein bisschen in Schwung zu bringen.
Aber einmal hatte ich es wohl doch übertrieben, ich weiß nicht mehr genau was mein Vergehen war, aber es gab da wohl seitens der Blutsauger Beschwerden.
Mein Meister tauchte unvermittelt auf. Nun muss man wissen, dass Malkavian über besondere Fähigkeiten verfügen. Eine der Fähigkeiten ist die Beherrschung. Diese Fähigkeit ist sehr nützlich, wenn man sein Gegenüber dazu bringen will, Dinge zu machen, die das Gegenüber eigentlich gar nicht machen möchte. Recht unvermittelt erschien das Phantom und ich spürte, wie es auf geistiger Ebene auf mich einwirkte. Das Gefühl eines Ghuls gegenüber seines Meisters kann recht ambivalent sein. Meistens lieben Ghuls ihre Meister über alles, aber manchmal geht diese überbordende Liebe Hand in Hand mit absolutem Hass. So war es auch bei mir. Ich hasste Vampire abgrundtief, war sogar eine Vampirjägerin, bis mich das Phantom in seine Fänge bekam und ich von seinem Blut kostete. Mein Widerstand war zwar gebrochen, aber Hass ist eine so unglaublich starke Emotion, dass sie auch eine solche Bindung überstehen kann.
Er stand einfach nur da und er gab nur ein Befehl: „Knie dich hin.“ In mir tobte ein Kampf der Gefühle, alles in mir lehnte sich auf. Inbrünstiger Hass stand tief empfundener Liebe gegenüber. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden. Rundherum wurde es unnatürlich still. Seine Persönlichkeit nahm den gesamten Raum ein. Alles drumherum schien in einer dunklen Wolke zu verschwinden.
Dieser Teil des Spiels fiel mir wirklich schwer. Ich bin keine Schauspielerin, auch wenn ich wirklich gerne Rollenspiele spiele. Ich mag aber eher frech und lustig darstellen. Eine Darstellung, in der Unterwerfung meiner Rolle eine Rolle spielt, liegt mir gar nicht. Ich musste für diesen Akt wirklich unglaublich über meinen Schatten springen, aber vielleicht konnte ich genau deswegen so gut diesen Widerstand, diese Hassliebe darstellen. Anscheinend nicht nur körperlich, also dieses zögerliche Hinknien und den Kopf zu senken, sondern auch mimisch. Anders kann ich mir die Reaktion der anderen Spieler nicht erklären. Natürlich lag es auch an Janns Darstellung des Phantoms. Es gab genau und nur genau in dieser Szene diese unglaubliche Dynamik, an die ich mich sehr gerne erinnere.
Mein Körper wollte sich spontan hinknien, aber mein Bewusstsein, mein Ich sträubte sich, wollte sich nicht ergeben, wollte nicht aufgeben. Glühender Hass und unendliche Liebe. Auf der einen Seite Stolz und Unbeugsamkeit, auf der anderen Seite der Wille alles zu tun, was der Meister, das Phantom, wünscht. Nach einer gefühlten Unendlichkeit gab mein rechtes Bein nach, mein linkes Knie beugte sich und das rechte Knie berührte den Boden. Meine Augen blitzten wütend nach oben, dann senkte sich mein Blick. Er hatte gewonnen….
Die anderen Spieler hatten längst ihr Spiel unterbrochen und uns zugesehen und als sozusagen der Vorhang fiel, ich also demütig vor dem Phantom kniete, fingen sie an zu klatschen. Szenenapplaus.
Bild wurde von chatGPT erstellt.